Historisches über Baustoffe in Hannovers Häusern
Kalk- Johann, Deisterkohle, Güterstraßenbahn


Welche Baustoffe kamen woher
Es gibt genug Reste alter Bausubstanz in Hannover
Die Verwendung der alten Baustoffe im Gebäude
Besonderes im Umgang mit älterer Bausubstanz

Ökonomisch sinnvoll und preiswert war es wohl, mit den vor Ort vorhandenen Materialien zu bauen. Denn auf der Baustelle stoßen wir heute bei der Modernisierung von älteren Häusern oft auf eine ortstypische und einfache Bauweise. Welche Baustoffe wurden verbaut und wo kamen die eigentlich früher her?

Welche Baustoffe kamen woher


Kalkofen in Hannover-Ahlem

Früher war die Materialwahl beim Bauen einfach. Man gebrauchte nur wenige Grundbaustoffe, Holz, Lehm, Stroh, Ziegel, Sandstein, Kalkstein, Sand, Kalkhydrat und ein paar Eisenbeschläge. Alle gab es gleich vor Ort. Das Holz kam aus den nahen Wäldern. Lehm, Ton und Sand lag vor der Tür. Stroh fiel bei der Getreideernte genügend ab. Kalkstein, und Kalkmergel gab es vor Ort am Lindener Berg , am Ahlemer Berg und im Deister genügend. Dort gab es vor Ort Kalkbrennöfen und Ziegeleien, die mit Holz oder Deisterkohle betrieben wurden. Gips wurde aus dem in Ronnenberg vorkommenden Gipsstein ganz ähnlich wie Kalk gebrannt. Nach der Jahrhundertwende wurde aus dem Kalkmergel in Misburg auch Zement gebrannt. Die Abbauprofile von abgebauten Kalkstein, Mergel, Sand, Ton und Lehm sind heute noch als Narben in der Landschaft sichtbar.
Den Transport der Grund- und Baustoffe erledigte neben den Fuhrleuten die Deisterbahn (heutige S-Bahnstrecke) und die Überlandstraßenbahn auf kurzem Wege. (Die heutige Baustoffwahlqual oder ein sinnloser Baustofftransport quer durch die Länder war damals unbekannt!

Es gibt genug Reste alter Bausubstanz in Hannover


Altstadt in Hannover, links die Markkirche unten in der Mitte der Ballhof

Vielerorts, auch hier in Hannover, ist zwar wenig von den Fachwerkbauten übrig geblieben. Dennoch ist außer an Fachwerkhäusern sehr viel historische Bausubstanz vorhanden. Hier treffen wir bei anstehenden Umbauten auf diese alten Materialien. Schauen wir uns zuerst die wenigen Reste der von den Bomben verschonten Fachwerkhäuser an, einmal in der kleinen Insel der Hannoverschen Altstadt, den letzten Rest in der Calenberger Neustadt und die vom Abriß verschont gebliebenen zwei Weberhäuser in der gleichnamigen Weberstraße (nähe der Deisterstraße) in Linden.

Die Verwendung der alten Baustoffe im Gebäude


Kellergewölbe aus Kalk- und Ziegelsteinen aus Linden

Zu Kellergewölben wurde gebrochener Felsstein, in Hannover meistens Kalkstein mit Lehm vermauert. Die Gewölbe erhielten oberseits eine Auffüllung mit Sand (oft fanden wir hier auch Bauschutt!). Die Böden stelle man aus gestampften Lehm her.

Als Schalldämmung und Wärmedämmung wurde mit Strohhecksel versetzter Lehmin die Holzbalkendecken eingeschoben. Dieser Einschub lag auf den Lehmwickeln. Das sind zu Halbhölzern gespaltene dünne Hölzer, die beim Durchforsten (umsonst) anfallen. Diese wurden mit in einer Lehmbrühe getränktem Langstroh umwickelt. Das ergab einen guten Putzträger für den Lehmdeckenputz.

Holzbalkendecke mit Lehmwickeln

Die Gefache des überwiegend verbauten Fachwerks aus Stiel- oder Traubeneiche wurden mit Lehmziegeln, oder mit gebrannten Ziegelsteinen in Lehmmörtel oder Luftkalkmörtel ausgemauert. Von dieser Bauart wurde natürlich abgewichen, wenn die Ausführung mit massiven Außenwänden aus Ziegelmauerwerk anstand. Im Inneren stellte man die Wände aus einem Bundfachwerk aus Fichtenholz her. Diese Bundwände sind vielen Baufachleuten heute völlig unbekannt, was einige Tücken für spätere Umbauten in sich birgt.

hannoversche S-Pfanne

Das Dach war aus billigem Fichtenstammholz gerichtet und mit gebrannten Tondachpfannen (hannoversche S-Pfanne oder Kremper) im Mörtel verstrichen eingedeckt.

Der Putz war meistens zweilagig aus mit Strohhäcksel versetztem Lehmmörtel aufgetragen, wobei der Oberputz fetter und fein war. Die Innenwände wurden mit einem zweilagigem Lehmputz versehen. Und alles erhielt einen Anstrich aus Sumpfkalk. Es gab noch den einen oder anderen Zusatz, z.B. zu den Wandfarben, der sich auch schon aus dem damaligen "schöner Wohnen" ableitete. Die Farbgestaltung blieb aber das einzige, was oft verändert wurde.

Die Türen damaliger Bauweisen sind oft so gut erhalten, daß wir die Bergung und Aufarbeitung empfehlen können. Ebenso treffen wir oft aus Eichenholz gefertigte (natürlich nur einfach verglaste und nach außen aufgehende!) Fenster an, deren Bauart wehmütig an diese genialen, einfachen und fuktionablen Fenster erinnert. Heute können wir solche Fenster wieder kaufen.

Besonderes im Umgang mit älterer Bausubstanz


Gibt es einen bestehenden Denkmalschutz, dann ist eine Baumaßnahme im Rahmen der Bauordnung mit dem Denkmalpfleger über das Bauordnungsamt (besser vorab) abzustimmen (Denkmalpflege Länderliste). Für die Abwicklung der Baumaßnahmen ist ein Architekt nötig. Wichtig ist eine
Bauuntersuchung vor Ort
Bauuntersuchung vor Modernisierungsbeginn mit einer Bestandsaufnahme. Darin sind alle vorgenommen Umbauten und bereits bekannte Schäden besonders zu vermerken. Schäden und deren Ursache müssen durch Fachleute festgestellt werden. Bei Holzschäden (Zerstörungen nach Insektenbefall und Fäulen nach Pilzbefall) ist das der Holzschutzfachmann und bei Tragwerksfragen (Risse, Senkungen, geplante Lastveränderungen etc.) der Statiker.

Unsere Arbeit im Labor

Es rächt sich , Kosten an der falschen Stelle sparen zu wollen, indem Fachleute "eingespart" werden. Damit kann ein "preisgünstiges" Modernisierungsgutachten am Ende schnell "in die Hose gehen". Auch der Zeitgeist ist gefährlich. Um durch die Modernisierung eine möglichst hohe Energieeinsparung zu erreichen, könnten z.B. die Grenzen der Baukonstruktion überschritten werden. Die Strafe wären spätere Bauschäden.

Weder der Zeitgeist, noch die reine Wirtschaftlichkeit, sondern Vielfältigkeit muß im Denken vorherrschen. Es muß wohl schlimm gewesen sein, wie in den letzten 50 Jahren mit unserem historischen Baubestand umgegangen wurde, daß der Satz entstehen konnte: "Nach 1945 sind mehr historische Bauten durch Modernisierung zerstört wurden, als zuvor durch den 2.Weltkrieg".

Zu überlegen gilt es nun neben dem für eine Bauplanung Üblichen auch Besonderes: